Wie ich Professor wurde
Prof. Richard Polzer, Nachwuchsprofessor für Physik und Technische Mechanik an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der TH Ingolstadt
Warum wurden Sie HAW-Professor?
Ich wollte mich fachlich entfalten und gleichzeitig etwas bewegen – und die Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften bietet genau das: die Freiheit zu forschen, praxisnah und mit Relevanz, und die Möglichkeit, junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Mich hat gereizt, Wissen nicht nur anzuwenden, sondern weiterzugeben. Und: Ich wollte mir den Raum zum Denken bewahren – auch mit der Option, Neues auszuprobieren und dabei gelegentlich zu scheitern. In der Industrie war das oft nur eingeschränkt möglich.
Was wäre Ihr Beruf, wenn Sie kein HAW-Professor geworden wären?
Wahrscheinlich weiterhin Entwicklungsingenieur – irgendwo zwischen Konzept und Umsetzung. Ich bin gerne Macher und mag komplexe Herausforderungen.
Was ist das Schönste an einer HAW-Professur?
Die Vielfalt. Kein Tag ist wie der andere. Ich kann forschen, lehren, gestalten – und dabei selbst entscheiden, welche Themen ich verfolge. Besonders erfüllend finde ich den Austausch mit Studierenden: ihre Fragen, Ideen und manchmal auch ihr Widerstand sind Impulse, die mich fordern und weiterbringen.
Und was das Schlimmste?
Wenn ich etwas bedauere, dann, dass oft zu viel Energie in bürokratische Prozesse fließt – und zu wenig in den kollegialen Austausch. Viele arbeiten für sich, anstatt gemeinsam größere Themen zu bewegen. Ich wünsche mir manchmal mehr Miteinander und ein stärkeres Wir-Gefühl.
Was haben Sie in Ihrem Studium gelernt, was Sie als HAW-Professor nicht mehr brauchen?
Formale Herleitungen auf 15 Seiten, die am Ende in einer Zeile Software verschwinden. Oder das Auswendiglernen von Lehrbuchdefinitionen, die man später nie wieder verwendet. Vieles davon hat mich zwar geprägt – aber gebraucht habe ich es selten.
Und was haben Sie nicht gelernt, was Sie heute aber unbedingt brauchen?
Wie man Vorlesungen spannend gestaltet, Konflikte im Team löst oder Drittmittelanträge schreibt – das kam im Studium nicht vor. Auch der Umgang mit ganz unterschiedlichen Menschen, mit ihren Erwartungen und Lebensrealitäten, ist etwas, das ich erst in der Praxis gelernt habe.
Zu welchem Zeitpunkt Ihrer Karriere haben Sie den Weg zur HAW-Professur eingeschlagen?
Die Idee war immer im Hinterkopf – aber der konkrete Entschluss kam, als ich in der Industrie gemerkt habe: Ich will nicht nur Produkte entwickeln, sondern auch Menschen. Ich wollte nachhaltiger wirken, mich nicht im Tagesgeschäft verlieren und mehr Freiraum für eigene Ideen haben. Die HAW-Professur hat das möglich gemacht.